Ökologie

Ich bin heute auf einen uralten Text von mir zum Thema Umseltschutz gestossen, und ich war bass erstaunt, wie wenig er an Aktualität eingebüsst hat:

„Es ist höchste Zeit, dass auch einmal ein Kabarettist den Mut hat, eine Lanze für die Industriegesellschaft westlichen Zuschnitts zu brechen. Ich persönlich könnte mir ein Leben ohne Tesa nicht mehr vorstellen, und wann hat es in der Geschichte der Menschheit jemals eine Zeit gegeben, in der man aus 36 Aftershaves aussuchen konnte, und da sind die für Frauen noch gar nicht mitgerechnet. Kritisieren könnte man höchstens, dass es kein einziges gibt, das nicht brennt.

Und wie liebevoll diese Wässerchen verpackt sind! Ich weiss, dass bei meiner Marke ein hochqualifiziertesTeam von Psychologen, Designer und Marketing Consultants drei Wochen in der Abgeschiedenheit eines schottischen Schlosses um die Form der Verschlusskappe gerungen hat.

Dabei hat man ja den Verpackungswahnsinn inzwischen erkannt. Die Firma Suchard hat z.B. bei ihrem Aromasafe – das ist ein staniolpapierversiegeltes Plastikbehälterli, in das man drei wehrlose Pralinen eingeschweisst hat, damit sich das Aroma bis zum Jahr 2050 hält, da soll niemand mehr sagen, dass wir nichts für künftige Generationen tun, obschon die wahrscheinlich nie etwas für uns tun werden – also Suchard hat freiwillig auf die Innenbeleuchtung und das Kombinationsschloss verzichtet. Gottseidank haben sie die Fächernummerierung beibehalten, so dass man weiss, dass man die Dinger in der richtigen Reihenfolge isst.“

Dieser Text ist knapp 20 Jahre alt. Und was hat sich geändert: Nichts! Nada! Zero! Danone schämt sich nicht, 100 g Actimel in einem 10 g schweren Plasicfläschli mit vierfarbigem Aufdruck anzubieten. Einmal abgesehen von der dazugehörigen schleimigen Werbung, in der J.B. Kerner suggeriert, dass Actimel das Immunsystem stärkt (das ist ja z.Z. ohnehin der grosse Werbeknüller, als ob wir alle an Aids leiden würden), finde ich das obszön. Einmal, dass man ein Produkt überhaupt in so kleine Mengen abpackt (ich trinke immer zwei hintereinander, ich möchte ja mein marodes Immunsystem auf Vordermann bringen), und warum es unbedingt ein dickwandiges 10g Fläschchen sein muss!

Ich glaube, unsere Zivilisation wird die erste sein, die an ihrem eigenen Müll erstickt und die voraussichtlich  als die bescheuertste aller Zeiten in die Geschichte eingehen wird.  Nicht einmal im Mittelalter mit den ganzen Abergläuben (oder wie auch immer die Mehrzahl von Aberglaube lautet) waren sie so doof! Und die haben wenigstens schöne Kirchen gebaut!

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Ein Schweizer am Limit

Gestern abend, 20.30, Hofbräukellerbiergarten. Wir sind zu zweit und suchen einen Platz. Alle Tische sind besetzt, an 30% der Tische gibt es jedoch 2 bis 3 freie Plätze, die allerdings entweder mit Kliedungsstücken, Taschen etc. belegt sind oder die Gäste machen sich so breit, dass klar ist, dass zusätzliche Tischnachbarn unerwünscht sind.  Nach der vierten Abfuhr platzt mir dann der Kragen und ich erlaube mir die Bemerkung: „Ist das ein Biergarten oder ein Privatklub? Es kann ja wohl nicht sein, dass  hier ein Drittel der Plätze für Facebook-Freunde freigehalten wird, die ihren Arsch nicht hochkriegen!“ Das wurde mit einem schnippischen „Das kann nicht nur sein, das ist so!“  quittiert, und zwar auch noch aus dem Mund einer attraktiven Frau. Ich war kurz davor, zu sagen: „Gestatten, Christian Überschall, schwarzer Gürtel in Kung Fu“ und mich einfach hinzusetzen und hinzuzufügen „Ah ja, in erste Hilfe bin ich auch übrigens auch ausgebildet!“ Habe ich mir dann doch verkniffen, weil: 1. Versuche immer, cool und souverän zu bleiben! und 2. mit solchen Leuten möchte man gar nicht an einem Tisch sitzen.

So ähnlich wie gerade beschrieben geht es mir gelegentlich in Schumanns Tagesbar, da sind auch grundsätzlich 20% der begehrten Stühle mit Blick auf die Strasse mit Einkaufstüten belegt, und wenn man schon die beleidigte Fresse derjenige sieht, die man höflich um Entfernung Ihrer Taschen gebeten hat, vergeht einem die Lust, in dem Aurabereich  dieser Personen zu sitzen. Fazit: Solche Lokale am besten boykottieren.

PS: Wie merkt man eigentlich, dass jemand, der immer beleidigt schaut (wie ca 50% der Passagiere in der 1. Klasse der Bundesbahn), beleidigt ist?

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Bloggen passt perfekt in das Zeitalter der Empörungskultur, man kann alle seine aufgestauten bzw. eben nicht aufgestauten Grolle bequem loswerden, ohne andere zu langweilen, Blogs sind ja nicht Pflichtlektüre.

 

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Quickies III

Ja, z.Z. habe ich es mit Quickies, ich finde, dafür eignet sich ein Blog hervorragend, einfach loswerden, was einem an Beobachtungen, spontanen Gedanken und Erkenntnissen so durch den Kopf schiesst, und wenn es sich dann in einem Jahr immer noch interessant anliest, kann man es getrost als Buch veröffentlichen. Ein anderer aktueller Plan von mir: Eine Bühne oder ein Lokal finden, wo ich einmal im Monat eine Lesung aus dem Blog der letzten Wochen lese (wenn es sonst schon keine Sau liest), dazwischen Klaviermusik allein oder – und das wäre dann wirklich die Krönung, im Duo oder Trio mit kongenialen musikalischen Partnern (da zeichnen sich übrigens gerade ein paar sehr reizvolle Optionen ab) – interessierte Kneipen- oder Bühnenbesitzer bitte melden.

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An Tagen, an denen ich gut drauf bin, weise ich auch mal Leute zurecht, die sich im öffentlichen Raum daneben benehmen, die z.B.  in der U-Bahn ihre Füsse samt Schuhen auf die gegenüberliegende Bank legen oder die meinen, ihre Reisetasche sei zu kostbar, um mit dem Boden in Berührung zu kommen und im vollen Zug eine ganze Bank damit belegen.
Wenn sich der dazugehörige Typ allerdings mit einem Klappmesser die Fingernägel säubert, dann lass ich die Zurechtweisung auch mal spontan bleiben.

Gestern wollte  ich  mit dem Radl an der Prinzregentenstrasse/Ecke Triftstrasse  in den Englischen Garten einbiegen. Jetzt versperrte  ein protziger BMW  nicht nur den Eingang zum Garten, sondern er stand –  parallel zu Strasse – auch noch genau auf dem Radweg, kurzum: bescheuerter kann man sich nicht mehr hinstellen. Im Auto sass ein junger Schnösel mit Sonnenbrille,  völlig entspannt, den linken Arm lässig aus dem Fenster hängend, als ob es völlig normal wäre,  dort zu parken, es fehlte nur noch, dass er die  Rückenlehne nach hinten geneigt hatte. Da die Pose nicht darauf schliessen liess, dass in seiner rechten  Hand ein Klappmesser auf den Einsatz wartete, erlaubte ich mir den dezenten Kommentar „Hast du sie eigentlich noch alle?“ Darauf er leicht irritiert: „Seit wann sind wir per Du?“ Ich muss gestehen, dass ich auf diese Antwort nicht vorbereitet war, ihr allerdings eine gewisse Coolness nicht absprechen konnte. Fortsetzung im nächsten Blog! (im Kino nennt man das Cliffhanger!).

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Mensch, das war ja gar kein Quickie, das war schon fast eine Story, sogar mit einem etwas weiter ausholenden Vorspann! Drum jetzt doch noch ein paar Quickies (übrigens: in Bern läuft alles unter Quickie, wofür man nicht extra einen Tag frei nehmen muss). Also: Vor kurzem habe ich in der SZ ein sehr schönes Interview von Rebecca Casati mit Julian Fellowes gelesen, der sehr spät im Leben mit einer Fernsehserie, die im britischen Adelsmilieu spielt,  plötzlich extrem erfogreich wurde (wenn man  „Fernsehserie“ durch „Kabarett und Bücherschreiben“ ersetzt, ist er ein heimliches Vorbild von mir). Es war eines dieser seltenen Interviews, die aus klugen Fragen und noch klügeren Antworten bestehen. Ein Satz ist mir besonders in Erinerung geblieben, der sinngemäss lautete: „Das spannende am Internetzeitalter ist seine Fluidität!“

Ein grossartiger Satz, der alles auf den Punkt bringt, sowohl die Chancen als auch die Gefahren unseres durch neue Kommunikationswege geprägten Zeitalters. Wenn das mal nicht alles zu fluid wird! Ein entscheidender Grund für den Niedergang von Sozialen Systemen ( Firmen, Fussballvereine, Völker, ja sogar ganze Zivilisationen) ist nicht selten, vielleicht sogar meistens, ihre Starrheit. Ein gutes Beispiel sind die kommunistischen Länder, wohingegen die Überlegenheit des Kapitalismus auf  seiner Flexibilität basiert. Aber wenn aus Flexibilität eine amorphe Fluidität wird, kann es gefährlich werden (siehe Finanzsysteme, Werterverfall etc).  Jedes System braucht ein gesundes Mass an Stabilität und festen Strukturen. Wenn immer öfterFirmenbosse, die von einer völlig unkritischen Wirtschaftspresse  zum Manager  des Jahres hochgejubet wurden,  zwei Jahre später im  Knast sitzen, dann ist etwas faul im Staate Dänemark (siehe auch meinen Artikel „Schnelllebigkeit“ vom  25.4. 2011, da fällt mir gerade ein: der ist noch nicht freigeschalter, wird aber demnächst passieren)

Fussnote zu diesem Thema: eine fast unvermeidliche Folge von Starrheit besteht darin,  dass  Institutionen   ihre Nützlichkeit überdauern, i.a.W. sie machen auch dann weiter, wenn sie ihre ursprüngliche Funkton längst nicht mehr erfüllen, und wir sprechen hier von  Jahrzehnten, wenn nicht sogar von Jahrhunderten. Gute Beispiele:  Zollstationen / die zölibatäre Kirche, wobei ich gelesen habe, dass rd. 20 % der katholischen Priester sexuelle Beziehungen zu Frauen unterhalten (ohne die Einschränkung „zu Frauen“ wäre der Prozentsatz bedeutend höher). Jetzt überlege ich mir tatsächlich, ob ich durch das Zölibat meine Chancen verbessern könnte!

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So, wäre doch gelacht, wenn wir nicht noch ein echtes Quickie hinkriegen: Neulich im Biergarten: Meine Freund Bernhard wird von seinem Sohn in Hamburg angerufen und gebeten, er möge doch auf seinem iPhone nachschauen, wann die letzte U-Bahn von der Haltestelle Landungsbrücken in Richtung Mümmelmannsberg fährt.  So finden Informationen auf verschlungenen Pfaden ihr Ziel!

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Es geht noch quickiemässiger: Was nützt die schönste Frau im Bett, wenn es die eigene ist!

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Quickies II

Heute morgen sind mir beim joggen wieder einmal zwei Nordic Walker begegnet. Auch so ein Spuk, der schnell vorbei war, ich bedaure es fast ein bisschen, mein Spruch „Wie komme ich nach dem Nordic Walking wieder nach Süden?“ (Antwort: Einfach über den Pol drüber laufen) war einer der sichersten Brüller in meinem vorletzten Programm. Anderseits: Sama froh, dass dieses Gschwerl weitgehend verschwunden ist, wenn ich nur an dieses nervige Klack Klack Klalck denke, mit dem sich so eine Truppe schon aus der Ferne  angekündigt hat, und dann haben die alles erbarmungslos  niedergewalzt, was nicht niet- und nagelfest war, da war ein Sprung in die Büsche oft die letzte Rettung. Zur Blütezeit dieser sportiven Perversion habe ich einmal  den Vorschlag gemacht, dass man ihnen  die Stöcke auf 60 cm kürzen möge, dann würden sie selber merken, dass es bescheuert ausssieht. Besonders toll war es ja, so einem Geschwader von putzmunteren Mitfünfzigerinnen beim Aufwärmen zuzusehen, wenn sie sich mit ihren Birneärschen  in einen Halbspagat gezwängt haben.

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Habe beim Morgenkaffe einen Beitrag von Wolfgang Schäuble zum Thema Demokratie und Medien gelesen, dessen analytische Luzidität mich beeindruckt hat. Da ist mir wieder einmal klargeworden, wie leicht es sich die Politkabarettisten machen, wenn sie mit ihren herzlosen Rollstuhlwitzchen einen Mann in die Pfanne hauen, mit dessen Intellekt sie sich nie beschäftigt haben.  Überhaupt hat Politkabarett für mich etwas hämisch klugscheisserisch selbstgefälliges, Merkel sagt einmal brutto statt netto, und schon ist die Zunft für ein halbes Jahr versorgt. Entsprechend spiessig wirken solche Beiträge nach ein paar Jahren, die Halbwertzeit lässt sich anhand von Archivaufnahmen wunderbar nachprüfen. Und noch eine Bitte an die Zunft: Verschont uns bitte in Zukunft mit Bundesbahnwitzen, die in geradezu faszinierender Regelmässigkeit  als Kollateralprodukt des allgemeinen Rummoserns eingestreut  und  von einem auf konditionierte Reflexe geeichten Publikum stürmisch beklatscht werden. Es hat sich inzwischen herumgesprochen, dass  Züge manchmal verspätet sind.

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Ich habe irgendwo gelesen, dass es angeblich unmöglich ist, beim aufheben eines Frisbees cool auszusehen. Mein Sohn hat mich aufgeklärt, dass es durchaus eine Methode gibt, ein am Boden gelandetes Frisbee wieder hochzubekommen, allerdings nicht durch bücken, sondern durch hochkicken (mit dem Fuss, muss geübt werden) und dann nach einer Körperdrehung um 180 Grad hinter dem Rücken aufzufangen. Klingt glaubwürdig!

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Quickies

 

Heute mal ein Sammelsurium aus Beobachtungen, Fragmenten, Mini-Essays und last but not least Apercues (sorry, ich kann diesen verdammten Haken, der unten an das „c“ gehört,  auf der Tastatur nicht finden; die Franzosen sind schon ein komisches Volk, sie bilden sich ein, die besten Liebhaber innerhalb der EU zu sein, aber sie brauchen Haken an ihren Buchstaben. Das passt einfach nicht zusammen!

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Gibt es eigentlich noch Menschen, die
a) sich nicht gerade in Flirten, Rhetorik, Selbstbewusst Auftreten oder Wichsen coachen lassen
b)  sich nicht gerade in einer Coaching – Ausbildung befinden
c)  die nicht gerade eine Coaching – Ausbildung abgeschlossen haben und Visitenkarten drucken liessen, auf denen „Coach“und evtl. noch „Mediator“  steht
d) wie c), bloss ohne Ausbildung

Auf jeden Fall sind sie dünn gesät!

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Gestern kam mir in der Stadt ein Typ im Parkalook und  mit einem Pappbecher in der Hand entgegen. Da habe ich mich unwillkürlich gefragt: Bettler oder Coffee to go? Als Faustregel gilt wohl: Wenn ihm auch noch ein Handykabel aus dem Ohr heraushängt, ist es i.d.R. ein Coffee to go! Das ist übrigens eine Situation, in der diese Handyvariante zusätzlich zum Strahlenschutz Sinn macht, sonst hat man gar keine Hand mehr frei, und das ist schlecht, wenn man  gleichzeitig niesen muss oder der Arsch  juckt.

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Gestern an der DM Markt Kasse (schon aufgefallen, dass die Vibrations in DM – Märkten ganz anders sind als bei Schlecker? Da kann man mal sehen, was gute Personalführung ausmacht): Ich nur mit einer Tüte Rohrzucker – ich wollte zum ersten Mal im Leben ein Rhabarberkompott zubereiten, vor mir eine Frau mit ca. 30 Artikeln im Korb. Sie: Möchten  Sie vorgehen? Ich: Sehr freundlich, ich werde Sie in meinem Blog erwähnen! Was ich heirmit getan habe. Ich denke, der Spruch wird noch das eine oder andere Mal gute Dienste leisten (…. wenn du mich noch etwas weiter unten berührst, kommst du in meinen Blog)!

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Das Rhabarberkompott hat übrigens köstlich geschmeckt, ich habe es allerdings noch mit ein paar Erdbeeren angereichert und abwechslungsweise  mit einer Kugel Eis  und Sahneyoghurt genossen. So einfach und so köstlich, und ich musste 68 Jahre alt werden, um das herauszufinden. 

Kleine Fussnote: mein Gemüsehändler ist sehr sparsam mit Tüten, finde ich auch richtig,  ich möchte nicht wissen, wie viele Millionen Barrel Öl täglich draufgehen für Tüten , die nur einmal und das auch nur für einen 5-Minütigen Transportweg benutzt werden.  Beim Rhabarberkauf hatte er immerhin die Güte,  ein leicht poröses Gummiband herauszurücken, so dass ich die Stangen zusammenbinden konnte!

Kleine Fussnote Teil 2: Ich habe diesen Rhabarberbund anschliessend in meinem Stammcafe auf dem Tisch abgelegt, und nachdem ich kurz auf der Toilette war, hatte ihn der Koch bereits konfisziert (fast hätte ich geschrieben „konfitürisiert“, soll übrigens auch ganz einfach sein) Fazit: Lasse nie von einem Gummiband zusammengehaltene Rhabarbestangen herumliegen. Oder hatten die es vielleicht  nur auf das Gummiband abgesehen?
So, jetzt bin ich wirklich in der Welt des Bloggens angekommen: Kein Erlebnis ist banal genug, um es nicht zu verewigen. Aber ist Banalität im Zweifelsfall nicht besser als Pathos (speziell in der schleimigen Variante, wie sie F.X Wagner täglich auf Seite 2 der Bild absondert – aber man liest ihn, nur er schafft es, diese ganz spezielle Mischung aus Faszination und Ekel beim Leser auszulösen)? Ein Amerikanischer Journalist hat einmal geschrieben: Denk ich an Wagner in der Nacht, möchte ich in Deutschland einmarschieren. Wo er recht hat, hat er recht!

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Eine Hommage an die LP

Ich gehöre zu der Generation, welche die Geburt und den Tod der LP miterlebt hat. OK, Tod ist übertrieben, sie liegt seit längerem im Koma, aber wenn nicht alles täuscht, wird sie die CD sogar überleben, allein schon wegen den Scrachern – um die ist es allerdings in letzter Zeit recht still geworden.

Gestern habe ich wieder mal meinen alten Thorens Plattenspieler angeworfen, aus meiner nach wie vor umfangreichen Sammlung eine Errol Garner Platte ausgewählt, vorsichtig aus dem Umschlag gezogen, dann von der Schutzhülle befreit, wobei es tunlichst jeden direkten Kontakt zwischen Fingerspitzen und Rillenteil der Platte zu vermeiden galt – ich habe mir tatsächlich eingebildet, das Vinyl leise aber lustvoll aufstöhnen zu hören bei dieser  Striptease-Aktion (en effeuillant la Marguerite“ oder so ähnlich) nach mindestens 20 Jahren  Darbens in der Versenkung – dann wurde sie, sorgfältig zwischen die Fingerspitzen der rechten und linken Hand positioniert, auf den Plattenteller gelegt (es gab ja tatsächlich auch Menschen, die LPs einhändig auflegten, d.h.  zwischen Daumen und Zeigefinger geklemmt; ich möchte nicht wissen, wie die im Bett waren),  dann wurde mit höchster Konzentration der Tonarm auf die schmale Anfangsrille aufgesetzt, um anschliessend zwanzig Minuten puren Hörgenuss zu erleben. 20 Minuten ist übrigens für meine Generation das ideale Attention Span Intervall, teilweise sicher konditioniert durch das häufige LP Hören, aber sicher auch als Teil einer anthropologischen Konstante, um es mal sehr geschwollen auszudrücken.

Dabei wurde mir natürlich wieder einmal sehr deutlich bewusst, was sich seit Einführung der CD und noch viel mehr des MP3 Players verändert hat. Dieses Ritual vor dem Anhören war ein wichtiger Teil des Hörerlebnisses – dabei habe ich die bei Fanatikern zwingend vorgeschrieben Handgriffe für das sog.  Nassabspielen  noch gar nicht erwähnt. Eine CD musste man immerhin noch aus der Hülle nehmen und in den Schacht legen, aber die komplette Entritualisierung bzw. Virtualisierung i.S. von Entkoppelung von einer materiellen Basis hat uns dann der MP3 Player beschert, der es möglich macht, mit gefühlten 50% der Popmusikgeschichte am Hals baumelnd durch den Park zu joggen oder in öffentlichen Verkehrsmitteln die Mitfahrer mit den isolierten Zischlauten des Schlazeugs zu nerven. Warum können diese Idioten nicht mal zur Abwechlung gregorianische Gesänge anhören?

Langer Rede kurzer Sinn: Eine LP war immer ein Gesamtkunstwerk aus Musik und passender Hülle. Wer in meiner Gymnasiumzeit als cool gelten wollte, lief mit einer Miles Davis LP unter den Arm geklemmt durch die Gegend.  Ich bin absolut sicher, dass die Wertschätzung für betimmte Musikstücke oder Alben durch die beschriebene Virtualisierung abgenommen hat. Mein erstes Jazzalbum – ein für damalige Verhältnisse völlig ungewöhnliches Exemplar eines  Samplers – konnte ich nach einem Monat auswendig, und da waren ein paar echte Klassiker dabei, u.a. „Relaxin‘ at Camarillo“ von Charlie Parker mit dem genialen Klavierintro von Dodo Marmarosa oder „Dark Eyes“ von Art Tatum mit Slam Stewart am Bass, berüchtigt für seine verrückten mit Bogen gespielten und vokal unisonso begleiteten Soli – ich höre diese Musik beim Schreiben dieses Textes innerlich gerade mit grossem Genuss mit.

Nennt mich einen Nostalgiker, aber ich möchte diese Art der musikalischen Initiation nicht missen. Ich frage mich, was mein Sohn, bei dem diese wichtige Phase voll ins Technozeitalter fiel, sich in zwanzig Jahren bei einem Glas Rotwein anhören wird, wenn er von einer nostalgischen Anwandlung befallen wird.

Und wo wir gerade beim Thema sind: Die LP hat ja in Kombination mit einer aus heutiger Sicht  grotesk anmutenden Plattenspielertechnologie (der Direktantrieb war einer ihrer Fetische, und so ein Highend-Gerät konnte schon mal 20 000 DM kosten) eine erstaunliche Klangtreue erzeugt, wenn man sich überlegt, dass da nur eine in Kunststoff geritzte Rille von einer Nadel abgetastet wurde! Analog eben!

 Trotzdem war der Sound nie wichtiger als der Inhalt. Ich habe Jazz Mitte der 50er Jahre in einem Berner Oberländer Bauerndorf für mich ganz allein entdeckt, weil ich den amerikanishen Soldatensender AFN auf Kurzwelle auf einem Radio empfangen konnte, das noch mit einem grün schimmernden magischen Auge ausgestattet war (jetzt komme ich mir wirklich langsam wie ein sabbernder Opa vor)  – was heisst empfangen,  zwischen relativ lauten Brumm- Zisch und Statikgeräuschen  war ab  und zu der Fetzen eines Saxofonsolos zu hören, aber es hat ausgereicht, um mich für den Rest meines Lebens jazzsüchtig zu machen!!! Und so ähnlich erging es sicher vielen. Es war eine Lektion in „Quality will out“ = „Qualität setzt sich durch“. Das war eine Zeit, als die Begriffe „Marketing“, „Synergieeffekte“ und „Reichweitenanalysen“ noch nicht existierten, i.a.W. die gute alte Zeit –  als Frauen noch keine Doppelnamen hatten und Äpfel keine aufkleber, die man nicht mehr vom Finger runter kriegt, die sind schlimmer als ein Popel (das war jetzt etwas zusammenhanglos, aber was solls).

Wenn ich heute im Musicshop junge Leute über Musik und Homerecording reden höre, denke ich manchmal, dass ich im falschen Film bin. Da geht es primär um Festplattenkapazitäten, um eine weitere 100 000 Samples umfassende Klangbibliothek  speichern zu können. Man kann inzwischen  auf einem Notebook das Vienna Symphony Orchestra abrufen, und  beim Klaviersampleprogramm  „Ivory“ zwischen Steinway, Bösendorfer und Yamaha wählen,  mit Optionen für jeweils 10 verschiedene Raumgrössen. Das klingt alles  ziemlich gut, keine Frage, aber im Vergleich zum Obertonspektrum eines echten Flügels doch nur wie Corned Beef aus der Dose (sorry, Vergleiche waren noch nie meine Stärke). Der Ideale Flügel wäre übrigens ein Bösenway bzw. ein Steindorfer: im oberen Bereich Bösendorfer, im Tieftonbereich Steinway).

 Ich nutze die Möglichkeiten der neuen Technologien übrigens auch, ich hatte das Glück, gleich bei meiner ersten  Einspielung einer Eigenkomposition  mit wunderbaren Musikern zusammenarbeiten zu dürfen, allerdings nur via Internet, der Gitarrist Martin Scales wohnt in Frankfurt, den Schlagzeuger Christian Lettner kenne ich nicht mal persönlich. Das Ergebnis kann auf meiner Homepage www.christian-ueberschall.ch angehört werden. Für den ersten Versuch eines computerunaffinen Berners (ich bin und bleibe ein analoger Typ) klingt es jedenfalls nicht direkt übel (es gibt in Bern vier Stufen der Anerkennung: nicht direkt übel – nicht übel – überhaupt nicht übel  und als absoluter Superlativ: das ist nicht unoptimal!

Fazit: Gute Musiker (von begnadeten ganz abgesehen) können auch Computer kreativ einsetzen, keine Frage, aber wenn ich Aufwand und Ergebnis der ganzen Elektroniktüfteleien betrachte, scheint mit das Ergebnis in den meisten Fällen ziemlich kläglich und klingt oft nach erstaunlich kurzer Zeit komplett veraltet. Im Vergleich dazu: Viele wenn nicht sogar die meisten Blue Note Alben der 60er Jahre wurden in einer Session aufgenommen, und sie klingen heute noch genau so frisch wie damals. Summa Summarium (ich weiss, da ist ein „i“ zuviel, aber es klingt so witziger): Computer haben die Musik nicht wirklich weiter gebracht, als  Hilfsmittel für Pseudokreative und gigantische Zeitverschwendungsmaschinerie  haben sie sich allerdings hervorragend bewährt – man kann sich mit ihrer Hilfe ziemlich lange über die mangelnde eigene Kreativität hinwegtäuschen. Die kreativsten Akteure in der Soundbranche sind die armen Schweine, die sich bei „Omnisphere“ (sehr Aufwendige Soundbibliothek)  für jeden der Abertausend Sounds einen eigenen Namen einfallen lassen müssen!

PS: Die reaktivierte LP war übrigens „Concert by the Sea“, eine Sternstunde des Jazz, wenn nicht sogar der abendländischen Musik – und das meine ich wirklich -, die ich jedem Leser dieser Kolumne ans Herz legen möchte (gibt’s übrigens auch als CD oder bei iTunes).

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El Fondor pasa

Ein kluger Kopf hat einmal gesagt, dass die Welt erst erlöst sein wird, wenn alle denkbaren Wortspiele gebildet worden sind. Das hat seinen Preis. Der Erlösung vorgeschaltet ist eine Wortspielhölle, in der sich ein Heer von Werbefuzzis, Kabarettisten und Journalisten  (besonders anfällig: Feuilleton und Sport sowie die Bildzeitung, die sich auf Namen spezialisiert hat: Robertos Nerven liegen blanco, Dortmund steht Klopp) tummeln, assistiert von  Amateurwortspielakrobaten, die einem nach jedem vermeintlich geglückten Versuch mit dieser Mischung aus Stolz und Erwartung anschauen, die besagt: Du bist Dir hoffentlich darüber im klaren, einem der begnadetsten Könner dieses Fachs gegenüberzusitzen.

Ich bin kein Freund von Wortspielen, die lediglich auf zwei unterschiedlichen phonetischen Bedeutungen eines Wortes beruhen, wenn es zwischen diesen Bedeutungen  keinen Zusammenhang gibt, was leider meistens der Fall ist. Diese Variante ist einfach nur krampfig und somit vollkommen überflüssig.  OK, vor Willi Astor ziehe ich den Hut, weil er daraus eine eigene Kunstform gemacht hat, die man mit einer Mischung aus Faszination und Verständnislosigkeit betrachtet.

Eine ganz andere Kategorie sind Wortspiele, die durch minimale Veränderungen von Worten entstehen, deren neue Bedeutung in den Kontext passt. Beispiele: „Psychotheropat“, „Sie fühlt sich auf den Schlitz getreten“ oder „Hart an der Scherzgrenze“. In die gleiche Kategorie fallen Edelschüttelreime, wie sie im SZ Magazin zelebriert werden. Ich persönlich finde Buchstaben- oder Silbenvertauschungen bei Eigennamen witzig: Piccolo Naganini, Mehudi Yenuin, Wenstantin Kocker oder Schlaudia Kiffer / Kiffia Schlauder.

Und nun zum Titel dieser Kolumne: Vorgestern hatten wir im kleinen Kreis eine Diskussion über Gewürzvorlieben, und da stellte sich heraus, dass es eine Maggi- und eine Fondor Fraktionen gibt, das ist scheinbar so etwas ähnlich grundsätzliches wie Beatles vs. Stones oder Apple vs. PC. Und im Verlauf dieser Diskussion fiel der eingangs zitierte Satz (Urheberrecht Otto Künzli, seines Zeichens genialer Schmuckdesigner und Kunstprofessor). Ich finde den Satz grossartig und musste soeben beim niederschreiben noch einmal herzhaft lachen!

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Die neuen Muttis

Früher bedeutete bei jungen Paaren das 1. Kind  der Übergang vom Cool-sein-Modus in den Spiessermodus (i.S. von verantwortungsvoll, fürsorglich und bereit, ein paar Jahre auf gewisse Dinge zu verzichten). Heute versuchen die jungen Mamis, beides zu kombinieren und stürmen zum Schrecken der Stammgäste immer mehr In-Cafes, wobei die Kinderwägen eine Art Wagenburg bilden. Den i.d.R. zusätzlich anwesenden Kindern, die aus dem Kinderwagenalter heraus sind, werden bezüglich akustischer und räumlicher Selbstverwirklichung keine oder nur minimale Restriktionen auferlegt. Genauso stolz und demonstrativ werden Kinder, die noch im Bauch sind, zur Schau gestellt. A propos Kinderwägen: Da hat sich ja eine neue Spielwiese für Designer aufgetan. Folgerichtig gelten Pflichtkomplimente bei der ersten Besichtigung eines  Kindes durch Freunde immer häufiger nicht dem Kind, sondern  dem Kinderwagen.

Dieser neue Muttertyp hat auch völlig andere Gesprächsthemen als unsere Mütter. Teilweise wird bereits beim Bäcker über den Unterschied zwischen dem vaginalen („..ach, geben Sie mir doch noch ein Baguette“ und dem klitorialen („…nein, doch lieber nur ein Croissant“) Höhepunkt diskutiert.

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Ein erwachsener Mann im Anzug, der sich mittels eines der wenigen noch existenten  Rollbretter fortbewegt, die sich vor ein paar Jahren  epidemieartig ausgebreitet haben und genau so schnell wieder verschwunden sind, hat für mich etwas leicht pädophiles!

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Zum Schluss der Spruch des Tages, diesmal von Kurt Krömer: „Deutschland braucht einen 3. Weltkrieg. Guido Knop[1]  ist mit den ersten beiden fast durch!“


[1]  extrem erfogreicher Historiker/Dokumentarfilmproduzent, der gefühlte 50% des ZDF Programms im Alleingang unter dem Sammelbegriff „History“ bestreitet

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Literaturagent

Ich habe vor zwei Wochen zufällig (genauer gesagt, weil mich eine befreundete Wissenschaftsjournalistin mitgeschleppt hat) den Vortrag eines auf Sachbücher spezialisierten Literaturagenten angehört und war überrascht zu hören, dass die Verträge mit den Verlagen i.d.R. nicht aufgrund des fertigen Buches, sondern  eines Exposees geschlossen werden. Offensichtlich nach dem Motto: Hauptsache, es handelt sich um ein Thema, das in der Luft liegt, möglichst in Kombination mit einem zugkräftigen Titel, das Buch dazu werden wir dann schon hinkriegen. Falls ein Projekt besonders erfolgversprechend erscheint, organisiert der Agent eine Auktion unter den Verlagen.

Bei wichtigen aktuellen Ereignissen (z.B. die revolutionäre Situation in den Mittelmeerländern oder die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko) kann sich das Intervall zwischen Ereignis und fertigem Buch auf wenige Wochen verkürzen. Die Vermarktung eines solchen „Events“ läuft i.d.R. wie folgt ab:

Ereignis
1 Tag später: das T-Shirt dazu ist erhältlich
2 Tage später: die ersten Witze kursieren im Internet
3 Wochen später: Das Buch wird an den Buchhandel ausgeliefert
6 Monate später: der Film kommt in die Kinos
9 Monate später: in der „Berner Zeitung“ erscheint ein kritischer Leitartikel zu den unmittelbaren Folgen 

Nun ist ja meine Philosophie schon immer gewesen: Die wichtigste Qualität eines künstlerisches Produkts, egal ob Buch, Musik oder bildende Kunst, ist seine Authentizität, oder in der genialen Formulierung von Marcel Ophüls: es muss einem persönlichen Mitteilungsbedürfnis entspringen. Es darf sich nie primär am Markt orientieren. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich dieses Prinzip seit der Einführung der Bestsellerlisten nach und nach umgedreht hat. Die eigenwilligen Verlegerpersönlichkeiten der Vergangenheit, die noch Bauchentscheidungen gefällt haben, sind merkantilen  Kaufleuten gewichen, die ganz genau wissen, wie der Markt funktioniert, deshalb werden jedes Jahr gefühlte 80 000 Titel veröffentlicht, von denen 99% sang- und klanglos untergehen.

Ich habe dem Agenten aber dann trotzdem am nächsten Tag eine Mail geschickt und ihn um eine Einschätzung meiner beiden neuen Buchprojekte „Cunnilingus ist kein Honigschlecken – Kleines Kompendium der Sexualität“ und „Wenn Treue Spass macht, ist es Liebe – Kleines Kompendium der multiplen Beziehung“ zu bitten. Dabei war meine Vorgabe: wenn er nicht in spätestens zwei Tagen antwortet, dann vergiss es – soviel Stolz habe ich mir bewahrt.

Umso  erfreuter war ich, als nach vier Stunden die Rückmeldung kam, in der die Titel als „ganz wunderbar“ gelobt  und um ein Exposee gebeten wurde. Besonders angetan hat es mir dieses „ganz wunderbar“, es klingt so schön altmodisch, ist dabei aber der Qualität der Titel durchaus angemessen. Ich habe dem Agenten dann mitgeteilt, dass zu beiden Titeln bereits ein ausgereiftes zweistündiges Bühnenprogramm existiert, bei „Cunnilingus“ sogar eine CD, und dass es im wesentlichen darum geht, aus diesen Programmen ein Buch zu machen, was wesentlich einfacher ist als umgekehrt, da ein wirklich gutes  Bühnenprogramm immer ein Destillat aus der zwei- bis dreifachen Textmenge darstellt, d.h. ich muss es nur „entdestillieren“ (=silliern?), ähnlich wie bei Orangensaft  aus Orangensaftkonzentrat). Ein gutes Gefühl: Selbst wenn ich plötzlich von einer Schreibblockade befallen werden sollte, könnte ich in kürzester Zeit liefern.

Ich habe dem guten Mann dann die Cunnilingus CD und  fünf  A-4 Seiten mit Textproben sowie eine zugegebenermassen ungeordnete Sammlung von möglichen Kapitelüberschriften zugemailt. Als erstes kam eine Abwesenheitsnotiz. So weit so gut, schliesslich standen die Osterferien vor der Tür. Pünktlich nach Ostern  kam dann die Reaktion, jetzt schon deutlich weniger enthusiastisch,  mit einer nochmaligen Bitte um ein nach den Agenturrichtlinien erstelltes Exposees. Ich müsste Verstännis dafür haben, dass für das Lesen von unsortiertem Material die Zeit fehlen würde und man sich die CD anschauen (wörtlich!) würde. Tja, man kann ja wohl nicht erwarten, dass ein vielbeschäftigter Literaturagent nichts besseres zu tun hat als sich eine CD  (= potentielles Hörbuch) eines neuen Autors an- oder zumindest reinzuhören. Ganz zu schweigen vom Lesen von Textproben. Nein, ein Exposee muss her! Alles andere ist offensichtlich Zeitverschwendung!  

Gab es eigentlich schon gute Bücher, bevor es Exposees gab? Mich würden die Exposes zu „Ulysses“, „Tropic of Cancer“ und „Die Asche meiner Mutter“ brennend interessieren. Der letzte der drei Titel fällt wohl  schon in die gegenwärtige  „Ohne-Exposee-geht-gar-nichts“ Periode, trotzdem glaube ich nicht, das Frank McCourt sich darauf eingelassen hätte.

Für mich persönlich ist das Thema Literaturagent (es gibt Analogien zum Fussballerberater, die hat  früher keine Mensch gebraucht) erst einmal abgeschlossen. Wofür haben wir schliesslich das Internet? Ist es ein Zufall, dass  ich  ausgerechnet an dieser möglicherweise wichtigen Weggabelung meiner „Karriere“ clevere Jungs kennengelernt habe, die mich nach einem Bühnenauftritt angesprochen haben. Sie boten mir an,  mir beim Aufbau einer Fangemeinde im Internet behilflich zu sein unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten, sprich You Tube, Facebook, Twitter  und einer geilen Homepage. Zumindest die habe ich inzwischen!

Langer Rede kurzer Sinn: Ich habe vier wirklich unglaublich witzige CDs (und das ist nicht nur meine Meinung, sondern auch die meiner Mutter) mit Livemitschnitten sowie zwei bei  einem befreundeten Kleinverlag erschienenen Bücher (vgl.  Homepage) in petto, die alle nur einem kleinen Insiderkreis bekannt sind, und jetzt eben die beiden neuen Buchprojekte, die ich als sorgfältig produzierte Kompakt-Hardbacks (müssen gut in der Hand liegen und optisch ordentlich was hermachen) rausbringen möchte. Da müsste doch noch was gehen, verdammt noch mal! Und zwar ohne Expose!  Oder sollte ich vielleicht ein Expose ins Intenet stellen?

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Baumarkt

30.4.2011

War heute im Baumarkt einkaufen. Was mir aufgefallen ist: Früher haben die Leute sich auf solche Einkäufe vorbereitet,  Skizzen angefertigt und die Maße eingezeichnet,  heute fahren sie erstmal hin und telefonieren dann, vor dem Regal stehend,  wild durch die Gegend (ich konnte den Elektrosmog förmlich riechen), um die jeweiligen Spezifikationen beim zu Hause gebliebenen Lebensabschnittspartner  abzufragen bzw. von ihm  bestätigen zu lassen, was nicht selten erstaunlich lange und in gereiztem Ton geführte Diskussionen zur Folge hat, speziell wenn es sich bei der Auskunftsperson um eine Frau (ok, nicht zwingend) handelt, der man die Begriffe „Höhe/Tiefe/Breite“  erstmal soweit verklickern muss, dass eine Verwechslung ausgeschlossen bzw. deren Wahrscheinlichkeit minimiert wird. 

Hier werden speziell beim Kauf von Einbauobjekten die Weichen gestellt  für a)  ein friedliches oder b)  ein von massiven Vorwürfen („… zu blöd um eine Kante abzumessen…“)  bis hin zur endgültigen Trennung  (gibt es eigentlich nicht, nach dem Motto: Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist, aber es ist nie wirklich vorbei, solange nicht einer der beteiligten den Löffel abgibt)  geprägtes Wochenendes. Puhh, das war ein verdammt langer Satz! Ist er trotzdem rübergekommen?

Man kann im Baumarkt auch hautnah erfahren, was der vielbeschworene „Kampf um knappe Ressourcen“ bedeutet: Ein halbwegs kompetent aussehender Mitarbeiter im Fachgespräch mit einem Kunden, von 10 hilfesuchenden Kunden umlagert, alle auf eine Minigesprächspause, was heisst Gesprächspause, auf  ein Atemholen lauernd, um mit einem „Nur eine ganz kurze Frage!“ dazwischen zu gehen. Problem: Im Baumarkt ziehen auch einfache Fragen unweigerlich Zusatzfragen nach sich!

Dann noch ein baumarktspezifisches Phänomen: Wie erwische ich die richtige Kasse? Da kannst Du nicht wie im DM – Markt anhand des Wageninhalts ungefähr abschätzen, wie viel Zeit der einzelne Kunde an der Kasse beanspruchen wird – natürlich auch dort ohne Gewähr,  gerade bei Müttern mit Kinderwagen zeigt sich  an der Kasse plötzlich, dass dieser über eine Zusatzfunktion als Einkaufswagen von ungeahnter Kapazität verfügt. Nein, im Baumarkt sagen Menge und Grösse der Artikel auf dem Wagen wenig über das Problempotential am Point of Sale aus . Mir ist lediglich aufgefallen, dass bei jedem 2. Kunden ein Vorgesetzter herbeigerufen wurde,  wobei auch hier i.d.R.  ein erstaunlich umfangreicher Austausch von Argumenten Gegenargumenten stattfand. Aber vielleicht war das Zufall. Für eine statistischen Relevanz war die Stichprobe dann doch zu klein.

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Kämpfe gerade mal wieder gegen eine von diesen hirnrissigen Excel Funktionen, die man ohne Absicht ausgelöst hat (in diesem Falle eine sog. „Rahmenlinie“, d.h. eine rel. dicke gestrichelte Linie quer über das ganze Blatt), und die man ums Verrecken nicht mehr wegkriegt (jedenfalls wenn man zum Typus „Handbuch? Nee wie geht das?“ gehört). Oder man versuche mal, einen Text, der in  Excel mehrere Zellen einnimmt, in eine Worddatei zu kopieren, da wird man seines Lebens nicht mehr froh.  In solchen Momenten würde ich Bill Gates und seine „Eine-Funktion-geht-noch“-Programmiererautisten am liebsten auf den Mond schiessen. OK, die Computerfreaks rechtfertigen das ganze immer mit dem Argument, dass man jede einzelne Funktion deaktivieren kann. Ja wo sama denn! Ich gehe doch auch nicht ins Bordell und sage, was ich nicht will: „Heute ohne Zehenlutschen, das kriege ich bei der Fusspflege billiger!“.

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Ich tue mich schwer, Dinge wegzuschmeissen, insbesondere Kleinteile, die irgendwo herumschwirren, z.B. einzelne Schlüssel, bei denen niemand weiss, zu welchem Schloss sie passen, dann jede Form von Kunststoffteilchen, Zwischenstücken,  Kugelschreiberspiralen und speziell Verschlusskappen und Deckelchen – da habe ich immer die schmerzliche Vorstellung, dass irgendwo ein Filzstift oder Stabilomarker gerade qualvoll „verdurstet“. Immerhin bin ich jetzt schon soweit, dass ich Dinge, deren Funktion beim besten Willen nicht erkennbar ist, beim zweiten oder dritten Anlauf entsorge.

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